Du bist Führungskraft. Du triffst Entscheidungen, moderierst Meetings, jonglierst Deadlines und schaffst es trotzdem, die Geburtstagsmuffins fürs Kita-Fest zu organisieren, ganz ohne Zuckerguss auf dem Blazer. Und dann sitzt du im Coaching und sagst etwas, das man eher nicht im Businessplan findet: „Ich habe da so eine Blockade.“
Willkommen im echten Leben zwischen Flipchart und Familienkalender.
Denn so professionell wir auch auftreten, manche inneren Muster sind hartnäckiger als der alte Kollegenwitz auf der Weihnachtsfeier. Sie lassen uns zögern, obwohl wir eigentlich vor Ideen sprühen. Oder sie halten uns zurück, obwohl wir längst vorne stehen könnten.
Blockaden sind kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil, sie zeigen oft, dass du wach bist, feinfühlig, reflektiert. Und dass du an einem Punkt bist, wo nicht nur ein Tool hilft, sondern ein echtes Hinschauen. In diesem Artikel geht’s nicht um den nächsten Powerhack, sondern darum, warum „wegmachen“ nicht weiterbringt und was echte Führungskräfte tun, wenn’s mal innerlich hakt.
Mit einem echten Fallbeispiel, einer Prise Humor und vielleicht der Erkenntnis:
Manche Blockaden sind keine Stolpersteine. Sondern Wegweiser.
1. Die Business-Blockade: Wenn stark sein nicht reicht
Du bist kompetent, erfahren, lösungsorientiert. Und trotzdem gibt’s da Situationen, in denen du innerlich stockst. Du hast eine Idee, aber sie kommt dir nicht über die Lippen. Du willst etwas ansprechen, aber irgendwas hält dich zurück. Und dann sagst du vielleicht diesen einen Satz, den viele meiner Klientinnen sagen: „Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist.“
In der Businesswelt ist für sowas selten Platz. Da soll alles „laufen“ – Prozesse, Kommunikation, Selbstführung. Und wenn’s hakt? Dann lieber nicht darüber reden. Schon gar nicht, wenn man gerade Budgetverantwortung und 12 Teammitglieder auf dem Schreibtisch hat. Aber genau hier beginnt die Reise.
Denn viele Blockaden, die uns in Meetings, Konflikten oder Entscheidungssituationen plötzlich die Sprache verschlagen, sind keine Schwächen, sondern alte Schutzstrategien, die sich klugerweise mal gebildet haben. Nur, dass sie heute halt nicht mehr hilfreich sind. Wie ein altes Betriebssystem auf einem neuen Rechner: Es fährt hoch, aber passt nicht mehr zum Job.
Coachingangebote versprechen oft schnelle Lösungen: Weg mit der Blockade! Zack, transformiert. Emotional entladen, loslassen, Neuprogrammierung. Klingt gut, funktioniert auch manchmal. Aber was, wenn die Blockade nicht gelöst werden will, weil sie etwas schützen soll? Was, wenn sie mehr weiß als dein Verstand?
Dann geht’s nicht ums Wegmachen, sondern ums Verstehen, Integrieren, Neusortieren. Genau das ist der Unterschied zwischen kurzfristiger Erleichterung und echter, nachhaltiger Veränderung.
2. Wenn die Blockade gar nicht das Problem ist
Viele Frauen, die in meine Coachings kommen, haben längst bewiesen, dass sie führen können. Im Team, im Unternehmen, im Alltag. Sie treffen Entscheidungen, leiten Projekte, verhandeln Budgets. Und trotzdem spüren sie manchmal diesen inneren Knoten. Zum Beispiel dann, wenn sie im Meeting etwas sagen wollen, aber plötzlich verstummen. Oder wenn sie sich zurücknehmen, obwohl sie wissen, dass ihre Idee gut ist.
Das fühlt sich oft an wie ein Fehler. Aber was, wenn es keiner ist? Was, wenn diese sogenannte Blockade gar kein Hindernis ist, sondern ein Hinweis? Eine Art Sicherheitsbeauftragte im Inneren, die einst ihren Job übernommen hat, um zu schützen. Vielleicht vor Kritik, Ablehnung oder unangenehmer Aufmerksamkeit. Damals sinnvoll. Heute eher hinderlich. Aber noch immer aktiv.
Und hier wird es spannend. Denn viele dieser Muster stammen nicht aus dem Konferenzraum, sondern aus früheren Lebensphasen. Oft aus Kindheit oder Jugend. Sie sind nicht falsch, sondern veraltet. Sie funktionieren nach Regeln, die längst keine Gültigkeit mehr haben. Doch solange sie unbemerkt im Hintergrund arbeiten, sabotieren sie uns. Nicht aus Böswilligkeit, sondern aus falsch verstandener Fürsorge.
Wenn wir das verstehen, verändert sich alles. Dann geht es nicht mehr darum, die Blockade zu bekämpfen, sondern ihr zuzuhören. Was will sie verhindern? Was glaubt sie, retten zu müssen? Und was braucht es, damit sie endlich loslassen kann? Nicht weil wir sie verdrängen, sondern weil wir sie in eine neue Rolle bringen.
In diesem Moment beginnt die echte Veränderung. Nicht laut, nicht dramatisch. Sondern leise und kraftvoll. Wenn wir innerlich neu sortieren, entsteht Raum. Für neue Entscheidungen. Für klarere Kommunikation. Und für das gute Gefühl, sich selbst nicht mehr im Weg zu stehen.
3. Was stattdessen funktioniert. Ein echtes Beispiel aus dem Führungsalltag
Eine Klientin, Mitte 40, erfolgreich, klar im Außen, voller Ideen. Sie kam zu mir, weil sie in Teammeetings regelmäßig verstummte, obwohl sie oft die besten Vorschläge hatte. Sie konnte sie denken, aber nicht aussprechen. Vor allem dann nicht, wenn andere dominante Stimmen im Raum waren. Sie fühlte sich wie blockiert. Und das, obwohl sie im Job längst auf Leitungsebene angekommen war.
Im Coaching zeigte sich schnell. Es war nicht mangelndes Wissen oder fehlendes Selbstvertrauen. Es war ein alter Glaubenssatz, tief verankert. Entstanden in einer Kindheit, in der „nicht auffallen“ sicherer war als sichtbar sein. In der Kritik nicht konstruktiv, sondern verletzend war. Und in der Anpassung zur Überlebensstrategie wurde.
Wir arbeiteten mit Elementen der inneren Kindarbeit, mit Aufstellungen und auch mit NLP. Ziel war nicht, die Blockade zu beseitigen, sondern sie zu verstehen. Und sie dann zu wandeln. Die Klientin erkannte, dass sie in diesen beruflichen Situationen nicht als erwachsene Frau reagierte, sondern aus einem alten inneren Reflex heraus. Das war der Wendepunkt.
Wir entwickelten neue innere Bilder, stärkten ihr heutiges Ich. Gaben ihrem Schattenkind einen Platz. Und statt sich selbst zu optimieren, lernte sie, sich selbst zu führen. Mit Klarheit, aber auch mit Mitgefühl.
Das Ergebnis war beeindruckend. Sie konnte nicht nur wieder sprechen, sie wurde gehört. Sie brachte sich ein, überzeugte, positionierte sich. Heute leitet sie das Team, in dem sie sich vorher zurückgehalten hatte. Ihre fachliche Kompetenz war nie das Problem gewesen. Nur die innere Erlaubnis, sie auch zu zeigen.
4. Coaching, das wirkt. Aber anders.
Wer Führung lebt, ist es gewohnt, Lösungen zu finden. Möglichst effizient, möglichst schnell. Genau diese Haltung bringen viele Frauen auch ins Coaching mit. Sie wollen die Blockade erkennen, bearbeiten und am liebsten noch vor dem nächsten Quartalsmeeting erledigt haben. Verständlich. Schließlich steht das Leben nicht still, nur weil innen etwas klemmt.
Doch genau hier liegt die Herausforderung. Denn nachhaltige Veränderung funktioniert nicht nach To-do-Logik. Es geht nicht darum, ein inneres Problem abzuarbeiten. Es geht darum, sich selbst besser zu verstehen. Und zu erkennen, was wirklich verändert werden muss – und was vielleicht einfach nur gehört werden will.
Coaching, das wirkt, funktioniert nicht wie ein Reparaturservice. Es ist kein Prozess, bei dem wir defekte Anteile austauschen. Es ist vielmehr ein Gespräch auf Augenhöhe. Zwischen dir und dir selbst. Mit einer Begleitung, die Impulse gibt, Fragen stellt und Raum hält. Und manchmal auch die unbequemen Dinge sichtbar macht, die du lieber ignorieren würdest.
Dabei braucht es keine lauten Durchbrüche. Oft sind es die kleinen inneren Aha-Momente, die alles ins Rollen bringen. Zum Beispiel die Erkenntnis, dass du deine Führungskraft im Job klar auslebst, aber dir selbst gegenüber oft noch unsicher bist. Oder dass du dich für dein Team einsetzt, aber deine eigenen Bedürfnisse ständig zurückstellst.
Gutes Coaching hilft dir nicht nur, Entscheidungen zu treffen. Es hilft dir, dich selbst bewusster zu führen. Mit Klarheit, mit Selbstverantwortung und ja, auch mit einem gewissen Humor. Denn wer die eigenen Muster mit einem Augenzwinkern erkennen kann, hat schon die halbe Arbeit getan.
5. Von Druck zu Dialog. Wie wir den Spagat wirklich schaffen.
Führungskraft, Mutter, Partnerin, Freundin, Tochter. Die Rollen, die viele Frauen heute gleichzeitig ausfüllen, sind vielfältig und anspruchsvoll. Und manchmal fühlt es sich an, als müsste man in allen gleichzeitig glänzen. Dabei ist es oft schon ein Erfolg, wenn niemand schreit, etwas zu essen da ist und der Kalender nicht implodiert.
Blockaden, die in diesem Alltag auftauchen, sind keine Schwächen. Sie sind Botschaften. Manchmal sagen sie: Du bist überlastet. Manchmal: Du hast dich verloren. Und manchmal: Du willst etwas ändern, aber weißt noch nicht, wie. Der erste Schritt ist, ihnen zuzuhören. Und sich zu erlauben, nicht perfekt zu funktionieren, sondern echt zu sein.
Der Weg aus der Blockade ist selten gerade. Aber er ist machbar. Mit Begleitung, mit Geduld und mit einem klaren Blick auf das, was gerade wirklich wichtig ist. Nicht immer ist das die große Vision. Manchmal ist es einfach nur der nächste mutige Gedanke im Meeting. Oder das erste ehrliche Nein zu einem Übergriff deiner eigenen Ansprüche.
Und vielleicht ist genau das die echte Stärke. Nicht der perfekte Ablauf. Sondern die Fähigkeit, mit dir selbst in Dialog zu bleiben. Auch dann, wenn es gerade laut ist. Auch dann, wenn du zweifelst. Auch dann, wenn alles gleichzeitig kommt.
Denn wer gelernt hat, sich selbst zu verstehen, wird nie wieder gegen sich arbeiten. Und das ist die Art von Führung, die wirklich etwas verändert.
Über die Autorin
Silvia Köpf-Lehky ist Jugend- und Familiencoachin mit dem Schwerpunkt auf Eltern in Führungspositionen. Sie begleitet beruflich stark eingebundene Frauen dabei, den Spagat zwischen Verantwortung im Job und gelebter Nähe zu Familie und Partnerschaft mit mehr Leichtigkeit und Klarheit zu meistern. In ihrer Arbeit verbindet sie psychologisches Know-how mit Humor und echtem Praxisbezug – für Frauen, die nicht nur führen, sondern dabei auch bei sich selbst ankommen wollen.