Der lange Weg zum Therapiepony – Ausbildung mit Herz und Geduld

Miniaturponys sind mehr als nur kleine Pferde – sie können emotionale Stützen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen sein. Mit ihrer sanften Ausstrahlung und intuitiven Wahrnehmung schenken sie Trost und Nähe. Doch bevor sie als Therapiehelfer arbeiten können, müssen sie eine anspruchsvolle und langjährige Ausbildung durchlaufen.

Carola Weidemann aus dem Ruhrgebiet hat sich auf die Ausbildung von Miniaturponys für den therapeutischen Einsatz spezialisiert. Seit mehr als 30 Jahren arbeitet sie mit Pferden und bildet ihre Tiere gezielt für Besuche in Hospizen und Pflegeeinrichtungen aus. Ihre Ponys werden sorgfältig darauf vorbereitet, in jeder Umgebung ruhig und gelassen zu bleiben und den Menschen mit Einfühlungsvermögen zu begegnen.

Nicht jedes Pony ist geeignet

Die Arbeit als Therapiepony stellt besondere Anforderungen. Ein geeignetes Pony muss ruhig, gelassen und menschenbezogen sein. In einer sensiblen Umgebung wie einem Hospiz darf es sich nicht von plötzlichen Geräuschen oder Bewegungen aus der Ruhe bringen lassen. Jedes Pony hat einen individuellen Charakter, und nicht alle Tiere sind für diese Art der Arbeit geeignet.

Carola Weidemann legt großen Wert darauf, dass ihre Ponys die nötige mentale Stabilität besitzen. Sie beobachtet die Jungtiere genau und entscheidet erst nach einer gewissen Zeit, ob sie das Potenzial für die Therapiearbeit haben. Die Ausbildung beginnt früh, damit die Ponys schrittweise an ihre zukünftige Aufgabe herangeführt werden können.

Vertrauen als Grundlage

Der erste Schritt in der Ausbildung eines Therapieponys ist der Vertrauensaufbau. Das Pony muss lernen, dem Menschen zu vertrauen und sich in seiner Gegenwart sicher zu fühlen. Dieser Prozess erfordert Zeit und Geduld. Die Ponys werden regelmäßig geputzt, gestreichelt und lernen, auf die Körpersprache des Menschen zu reagieren.

Erst wenn das Pony Vertrauen gefasst hat, beginnt die eigentliche Ausbildung. Dabei werden die Tiere an verschiedene Reize gewöhnt, um sie auf ihre zukünftige Arbeit vorzubereiten. Rollstühle, Gehhilfen, ungewohnte Geräusche oder rutschige Böden gehören zu den Dingen, die ein Therapiepony ohne Angst akzeptieren muss.

Schrittweise Gewöhnung an Reize

Die Ponys lernen in kleinen Schritten, mit neuen Situationen umzugehen. Zunächst werden sie in ruhiger Umgebung an unbekannte Objekte herangeführt, später werden sie in lebhaftere Umgebungen gebracht. Die Desensibilisierung ist ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung, denn ein Therapiepony muss auch in stressigen Momenten entspannt bleiben.

Die Gewöhnung an verschiedene Untergründe ist essenziell, da Hospize und Pflegeeinrichtungen oft glatte Böden haben. Die Ponys lernen, sich sicher und kontrolliert zu bewegen, auch wenn der Untergrund rutschig oder unbekannt ist.

Umgang mit Menschen

Ein Therapiepony muss nicht nur Umgebungsreize akzeptieren, sondern auch unterschiedliche Menschen kennenlernen. In Hospizen begegnen die Tiere Menschen, die sich in verschiedenen körperlichen und emotionalen Zuständen befinden. Manche Bewohner möchten das Pony berühren oder streicheln, während andere es lieber aus der Distanz beobachten.

Das Pony muss lernen, sich der jeweiligen Situation anzupassen. Es soll geduldig und ruhig bleiben, wenn es gestreichelt wird, und sich gleichzeitig respektvoll zurückziehen können, wenn der Mensch Abstand nehmen möchte. Diese Fähigkeit entwickelt sich über Monate intensiver Trainings.

Ein strukturierter Tagesablauf

Der Alltag eines Therapieponys ist genau durchgeplant. Die Einsätze werden so organisiert, dass die Ponys nicht überfordert werden. Carola Weidemann ist von Montag bis Donnerstag mit ihren Ponys unterwegs, wobei die Tiere abwechselnd eingesetzt werden, um ihnen ausreichend Erholungszeit zu ermöglichen.

Ein typischer Einsatztag beginnt früh. Zwei Stunden vor der Abfahrt bekommen die Ponys ihr Futter, damit sie entspannt in den Tag starten. Danach werden sie auf den Transport vorbereitet und zum Einsatzort gefahren, was oft eine Stunde dauert. Die Besuche selbst dauern in der Regel zwei Stunden. Anschließend geht es zurück auf die Weide, wo die Ponys sich erholen und frei bewegen können.

Die Bedeutung von Pausen

Therapieponys leisten emotionale Arbeit, die sie ebenso fordert wie körperliche Einsätze. Deshalb sind regelmäßige Pausen unerlässlich. Nach einem Einsatz bekommen die Ponys ausreichend Zeit, um auf der Weide zu entspannen. Dort können sie sich frei bewegen und haben keinen Kontakt zu Menschen, um sich mental zu regenerieren.

Das Wohlbefinden der Ponys hat oberste Priorität. Nur ein ausgeglichenes und gesundes Tier kann seine Aufgabe langfristig erfüllen. Deshalb wird darauf geachtet, dass die Einsätze nicht zu lang oder zu häufig stattfinden.

Herausforderungen in der Ausbildung

Die Ausbildung eines Therapieponys bringt Herausforderungen mit sich. Nicht jedes Pony eignet sich für diese Art der Arbeit, und es braucht viel Geduld, bis ein Tier alle notwendigen Fähigkeiten erlernt hat. Einige Ponys reagieren sensibler auf neue Umgebungen oder benötigen mehr Zeit, um sich an bestimmte Reize zu gewöhnen.

Auch die Organisation der Einsätze erfordert Planung. Transporte, Hygienevorschriften und die Koordination mit den Einrichtungen müssen reibungslos funktionieren. Ein Therapiepony kann nur dann erfolgreich arbeiten, wenn das gesamte Management drumherum gut organisiert ist.

Warum sich die Ausbildung lohnt

Die lange und intensive Ausbildung eines Therapieponys zahlt sich aus, wenn die Tiere schließlich in ihrer Arbeit aufgehen. Sie schenken den Menschen Momente des Glücks, wecken Erinnerungen und bringen emotionale Wärme in den Alltag der Einrichtungen.

Wenn ein Bewohner nach Wochen des Schweigens plötzlich beginnt, sich zu öffnen, oder wenn jemand, der sonst wenig Reaktionen zeigt, das Pony berührt, dann wird klar, wie wertvoll diese Arbeit ist. Es sind diese stillen, intensiven Augenblicke, die zeigen, dass sich die Mühe lohnt.

Ein Therapiepony ist mehr als nur ein ausgebildetes Tier – es ist ein Seelentröster, ein Begleiter und eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Weg dorthin ist lang, aber das Ergebnis unbezahlbar.

Über die Autorin

Carola Weidemann ist seit über 30 Jahren als Reitlehrerin und Ausbilderin in der Dressur tätig und hat eine besondere Leidenschaft für Therapie-Ponys. Mit viel Geduld bildet sie ihre Miniatur-Ponys zu liebevollen Begleitern für Senioren und Kinder aus und sorgt dabei stets für ihr Wohlbefinden. Ihre Ponys schaffen es, Freude und besondere Momente in das Leben der Menschen zu bringen.
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