Viele von uns merken erst, dass etwas nicht stimmt, wenn der Körper laut wird: ständige Müdigkeit, Schlafstörungen, Atemnot, ein grauer Schleier aus Traurigkeit oder Wut. Wir funktionieren, passen uns an, wollen Erwartungen erfüllen und übersehen dabei die Signale.
So war es auch bei mir. Bis ein Knoten in meiner Brust mein Leben von einem Tag auf den anderen veränderte.
Die Diagnose war ein Schock und gleichzeitig mein Weckruf. Zum ersten Mal stellte ich mir die Frage: Wenn ich am Ende meines Lebens zurückblicke, will ich sagen können, dass ich so gelebt habe?
Meine Antwort war klar: Nein.
Also begann meine eigene Heldenreise. Ich ließ meinen sicheren Job hinter mir, absolvierte zahlreiche Ausbildungen im neurowissenschaftlichen Coaching, in Gewaltfreier Kommunikation und Emotionsregulation. Ich lernte, meine Bedürfnisse wahrzunehmen, sie auszusprechen und ernst zu nehmen. Heute weiß ich: Emotionale Gesundheit ist kein Luxus. Sie ist die Basis für ein Leben, das uns erfüllt und trägt.
Warum Emotionen keine Störenfriede sind
Noch immer lernen viele von uns, unangenehme Gefühle zu verdrängen: Wut, Trauer, Angst. Doch Emotionen sind keine Feinde, sie sind Wegweiser. Sie zeigen uns, ob unsere Bedürfnisse erfüllt sind oder nicht. Freude bedeutet: Da ist Fülle. Traurigkeit oder Erschöpfung bedeutet: Etwas fehlt.
Erst wenn wir diese Signale ernst nehmen, können wir verstehen, was uns wirklich guttut. Emotionale Gesundheit bedeutet nicht, immer glücklich zu sein. Es bedeutet, alles fühlen zu dürfen und zu erkennen, was uns die Gefühle mitteilen wollen.
Die größten Stolperfallen für emotionale Gesundheit
Viele meiner Klientinnen stehen an einem ähnlichen Punkt wie ich damals. Typische Muster sind:
- Funktionsmodus: Alles läuft wie am Schnürchen und sie halten es am Laufen, egal wie. Menschen verlieren den Kontakt zu sich selbst.
- People-Pleasing: Die Angst vor Ablehnung führt dazu, dass man es allen recht macht, nur nicht sich selbst.
- Schuldgefühle bei Selbstfürsorge: „Wenn ich an mich denke, bin ich egoistisch.“ Einer der Glaubenssätze, die viele blockieren.
Diese Muster wirken oft unsichtbar, bis der Körper oder die Seele nicht mehr mitspielt.
Vier Schritte zur Klarheit
Besonders geholfen haben mir die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation ein einfacher, aber kraftvoller Prozess, um mit den eigenen Gefühlen in Kontakt zu kommen:
- Beobachten: Die Situation so wahrnehmen, wie sie ist, ohne sofort zu bewerten.
- Fühlen: Spüren: Was löst das gerade in mir aus? Wo im Körper nehme ich es wahr?
- Bedürfnis erkennen: Welches Bedürfnis steckt hinter diesem Gefühl? Sicherheit? Ruhe? Wertschätzung?
- Bitten: Mich selbst oder andere bitten, Wege zu finden, dieses Bedürfnis zu erfüllen.
Dieser Prozess hat mein Leben verändert und ist unter anderem zum Kern meiner Arbeit mit Klientinnen geworden.
Selbstwirksamkeit als Schlüssel
Mir ist dabei eines besonders wichtig: Ich verstehe meine Arbeit als Hilfe zur Selbsthilfe. Menschen erfahren bei mir, wie sie selbstwirksam mit ihren Gefühlen umgehen können, statt auf schnelle Lösungen von außen zu warten. Die neurowissenschaftliche Studienlage ist hier eindeutig: Schon das Benennen von Gefühlen wirkt regulierend auf das Gehirn.
Oder, wie es Meister Yoda in Star Wars so treffend formulierte:
„Benannt, deine Angst muss werden, bevor verbannen du sie kannst.“
Allein schon das Aussprechen einer Emotion kann ihre Intensität spürbar abschwächen. Wenn wir etwa sagen „Ich fühle Angst“, beruhigt sich unser inneres Stresszentrum und zugleich werden Bereiche aktiv, die uns helfen, klarer und gelassener zu reagieren.
Emotionale Gesundheit in Alltag und Beruf
Was bedeutet das praktisch?
Im Beruf: Wer immer nur funktioniert, verliert Kreativität und Leichtigkeit. Emotionale Klarheit hilft, Prioritäten zu setzen und auch mal „Nein“ zu sagen.
In Beziehungen: Gefühle offen zu benennen stärkt Vertrauen und Nähe, statt Konflikte unter den Teppich zu kehren.
Für sich selbst: Kleine Rituale wie Atemübungen, regelmäßige Empathie-Momente, oder Journaling können helfen, den inneren Kompass wiederzufinden.
Praktische Tipps für den Alltag
- Hör auf deinen Körper. Müdigkeit, Atemnot oder ständige Anspannung sind keine Schwächen, sondern Botschaften.
- Nimm deine Gefühle ernst. Sie sind nicht „gut“ oder „schlecht“, sondern angenehm, oder unangenehm und letztlich „Bedürfniserfüllungsgehilfen“.
- Erlaub dir Selbstfürsorge. Sie ist kein Egoismus, sondern die Voraussetzung, um auch für andere da sein zu können.
Longevity beginnt im Inneren
Gesund alt werden („Longevity“) ist heute in aller Munde. Ernährung, Bewegung und emotionale Flexibilität sind wichtige Bausteine dabei.
Wer lernt, seine Gefühle ernst zu nehmen und achtsam mit sich umzugehen, legt heute den Grundstein für ein Leben, das nicht nur länger dauert, sondern auch erfüllter und gesünder ist.
Mein Leitsatz heute:
„Liebe dein Leben, lebe dein Leben.“
(Dr. Ebo Rau)
Dieser Satz hat mich schon in meiner Krebszeit begleitet und er schwingt bis heute in meiner Arbeit mit. Er erinnert mich und die Menschen, die ich begleite, daran, dass unser Leben nicht nur aus Funktionieren bestehen darf. Dass wir es lieben und wirklich leben dürfen, mit all seinen Höhen, Tiefen und Emotionen.
Emotionale Gesundheit beginnt dort, wo wir uns selbst zuhören. Manchmal braucht es dafür eine Krise doch wir können und sollten früher damit anfangen. Präventive Schritte stärken uns für künftige Herausforderungen und können sogar manche Krise verhindern. Deshalb biete ich 10-Wochen-Programme an, die mit Mikrotrainingseinheiten, Meditationen und wirksamen Übungen dazu beitragen, emotionale Flexibilität und Selbstwert zu stärken und Resilienz für das ganze Leben aufzubauen. Denn wenn es mir gut geht, geht es auch den Menschen um mich herum gut.
Über die Autorin
Juliane Langsch-Peters ist Emotionscoach, Resilienztrainerin und Trauerrednerin. Mit ihrer Marke werde emotional begleitet sie Frauen, die aus dem Funktionsmodus aussteigen und ihr Leben wieder in Balance bringen wollen, hin zu mehr Selbstwert, Leichtigkeit und Freude.